dana greiner

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Lüde in Ekcten


Accompanying script to the exhibitions:

Galerie der Künstler*innen, München
Galerie der Gegenwart, Hamburger Kunsthalle


Lüde in v Ekcten

Galerie der Künstler*innen, München
2022
30min

eng:

Introduction:

The work “Lüde in v Ekcten” was shown this year at the Galerie der Künstler*innen in Munich. The room installation is a composite of theater, painting, sculpture, projection, text and music. The music was played by me with different instruments like synthie, kazoo, kalimba, drums, guitar, glockenspiel and tromp. The sounds follow their own dramaturgy. The decision-making processes to be made during the painting are translated in a spatial and theatrical way. An intermingling of different levels takes place, while questions of boundaries, form, colors and space are negotiated, intersected and extended by other artistic forms such as text and music. Where the border of painting ends, the possibility of sculpture begins. This in turn is replaced by movement and finds its extension in projection, and so on. Each artistic form has its limit and is replaced in the Lüden by another art form. Connected with text and music this relay is to arrive at a unity. I choose here the form of theater to transfer the artistic processes into the space. Abstract, mystical, painterly negotiated and made tangible.

de:

Vorstellung:

Die Arbeit „Lüde in v Ekcten“ wurde dieses Jahr in der Galerie der Künstler*innen in München gezeigt. Die Rauminstallation ist ein Verbund aus Theater, Malerei, Skulptur, Projektion, Text und Musik. Die Musik wurde von mir mit unterschiedlichen Instrumenten, wie Synthie, Kazoo, Kalimba, Schlagzeug, Gitarre, Glockenspiel und Maultrommel eingespielt. Die Lüden folgen einer eigenen Dramaturgie. Die zu treffenden Entscheidungsprozesse während der Malerei werden auf räumliche und theatralische Weise übersetzt. Eine Vermischung unterschiedlichster Ebenen findet statt, während Fragen nach Grenzen, Form, Farben und Raum verhandelt-, überschnitten und durch weitere künstlerische Formen wie Text und Musik erweitert werden. Dort, wo die Grenze der Malerei endet, beginnt die Möglichkeit der Skulptur. Diese wird wiederum durch Bewegung abgelöst und findet ihre Erweiterung in der Projektion, usw. Jede künstlerische Form hat ihre Grenze und wird in den Lüden von einer anderen Kunstform abgelöst. Verbunden mit Text und Musik soll diese Staffel zu einer Einheit gelangen. Ich wähle hier die Form des Theaters, um die künstlerischen Prozesse in den Raum zu übertragen. Abstrakt, mystisch, malerisch verhandelt und erfahrbar gemacht.

eng:

Exhibition text for ‘Lüde in v Ekcten’ by Stephan Janitzky:

Dana Greiner designs dramaturgical mixtures in her installations: spoken texts, musical composition, and expansive projections intertwine with painting and sculpture. By pushing the media and materials used into one another, Greiner negotiates the respective format limitations, liquefying the rigid juxtaposition of genres through a method that works toward synthesis. Two-dimensionally painted geometric forms detach themselves from the wall, are translated into the three-dimensional, and can find their counterpart in a sculpture produced by 3D printing. Other forms, on the other hand, leave their originally painterly pictorial background, are digitized, relate to music and text, are projected into the exhibition space as animated fragments, and expand the pictorial boundaries. The division of the entire work into individual scenes underscores Greiner’s interest in the procedures of theater and provides the viewer with structures. In the simultaneous, dynamic juxtaposition of events, there is a direction, a linear progression, without heading towards a fixed dramaturgical climax or ultimate conclusion. Which of these triadic dimensions concern me, catch my eye, affect me, which ones am I willing to follow?

de:

Ausstellungstext zu ‚Lüde in v Ekcten‘ von Stephan Janitzky:

Dana Greiner entwirft in ihren Installationen dramaturgische Gemengelagen: Eingesprochene Texte, musikalische Komposition und raumgreifende Projektionen verknüpfen sich mit Malerei und Skulptur. Durch das Ineinanderschieben der verwendeten Medien und Materialien verhandelt Greiner die jeweiligen Formatbegrenzungen, verflüssigt das starre Nebeneinander der Genres durch eine auf Synthese hin arbeitende Methode. Zweidimensional gemalte geometrische Formen lösen sich von der Wand, werden ins Dreidimensionale übersetzt und können ihre Entsprechung in einer im 3D-Druckverfahren hergestellten Skulptur wiederfinden. Andere Formen wiederum verlassen ihren ursprünglich malerischen Bildgrund, werden digitalisiert, setzen sich in Beziehung zu Musik und Text, werden als animierte Fragmente in den Ausstellungsraum projiziert und erweitern die Bildgrenzen. Eine Gliederung des Gesamtwerkes in einzelne Szenen unterstreicht Greiners Interesse an Verfahrensweisen des Theaters und gibt den Betrachter*innen Strukturen an die Hand. Im simultanen, dynamischen Nebeneinander der Geschehnisse gibt es eine Richtung, ein lineares Fortschreiten, ohne auf einen festgesetzten dramaturgischen Höhepunkt oder letztgültigen Abschluss hinzusteuern. Welche dieser Dreiklangdimensionen gehen mich an, fallen mir auf, affektieren mich, welchen bin ich bereit zu folgen?


Akt I

„Dann gibt es nur eins!“, Wolfgang Borchert

Morsecodebewegung und dekonstruierter Maschinengewehrregen (unfolded bodies)

(6:26 min)

In this act, the text excerpt “Dann gibt es nur eins!” by Wolfgang Borchert is processed. With a rhythmic Morse code of upper and lower case, the text was processed by me while typing. This is followed by the “rain” of a deconstructed machine gun. All the parts it takes to make a gun using 3D printing fall out here, flat and as individual pieces.


Akt II

FARBENSPIELEKANON // google voice

(2:30 min)

“Farbenspiele” is a short story I wrote when I was 17. At that time I was more concerned with literature than with painting. This story, which tries to describe colors synesthetically, showed me a certain way even then. Since the ludes deal with the decision-making processes in painting and art itself, even without considering the finished work as the result, I processed this text. The canon-like choruses, spoken in by a digital Google Translate voice, alienate and abstract this process and give additional rhythm.

Farbenspiele (2005)

Du musst versuchen sie mir zu beschreiben. Allesamt. Ich möchte sie riechen, fühlen, schmecken und hören können! Nimm dir die Zeit die du brauchst, aber stille meinen Durst!“ „ich weiß nicht wie ich das bewerkstelligen soll. Ein so rationaler Kopf, wie ich es einer bin. „schliesse deine Augen!“….“aber“„schliesse sie. sag mir was du siehst!“„nichts sehe ich“„Sieh genauer hin “ich verstehe nicht“ „es ist nicht möglich nichts zu sehen. Ich zum Beispiel sehe etwas, das mir ein wenig Angst macht. Ich sehe meine Gedanken, wie sie zustande kommen. Etwas, das mit jeder Beruehrung, mit jedem Geschmack die Information zu mir bringt. Mir fallen dazu immer Lieder ein! „ich sehe schwarz… oder besser schwarz, das ein bisschen rot und braun enthält. Eigentlich eine Farbe die ich in keinem Museum, in keiner Farbschatulle jemals gesehen habe. „na gut, ich möchte es versuchen. ROT: Rot ist eine Farbe, die sieht aus wie eine Nuss schmeckt. Sie kann je nach Farbkombination bitter oder sü. schmecken. Stell dir vor du gehst im Sommer barfuß über getrocknetes, etwas spitzes Gras. Es ist die ambivalenteste Farbe für meinen Geschmack. Tomaten zum Beispiel sind knallrot, hättest du das gedacht??“ Der sü.e oder etwas saure Geschmack, die glatte Oberfläche, die kleinen Körner die die Frucht zieren und nicht zuletzt das wasserfallähnliche Geräusch wenn man einen Bissen davon nimmt. Eine sehr intensive Frucht.“ Die Farbe sieht aus wie wenn ein dir geliebter Mensch mit voller Zärtlichkeit über deine Schenkel streicht und du dieses unbeschreibliche Gefühl verspürst weglaufen zu wollen, und gleichzeitig ihm so nah sein willst, dass ihr verschmelzen koenntet. Klopft dein rotes Herz so laut wie das meine??? „stopp nicht, red weiter!“ BLAU: „Blau sieht genauso aus wie die Brise Wind schmeckt, die du an einem fruehen Morgen am Meer schmeckst! So frisch, ein wenig salzig und satt! Sie ist als ob du in einen Haufen weicher Federn greifst, die deine Poren kitzeln. Du spielst doch Klavier? „ja“ „Blau… blau ist wie das C auf dem Klavier. Genau.. so sieht blau aus. Der Himmel ist blau. Selbst wenn er nicht blau wäre, wuerde ich denken er wär es.“ GRUEN: „Gruen sagt man ist die Hoffnung. Aber ich empfinde eine ganz andere Emotion wenn ich gruen sehe. Gruen ärgern, das kann ich eher vertreten. Grün würde ich mich fühlen, wenn ich betrogen werde würde. Es ist eine so leere abweisende Farbe. Wie eine Dissonanz. Andererseits sind die Bäume und Buesche gruen wenn sie sich gemütlich und sicher im Wind neigen. Ich finde, ein Radieschen schmeckt gruen. Ein bisschen fade und holzig aber doch so stechend. „sag mir wie gelb ist“ „gelb…ja gelb ist eine autonome Farbe, die so viel ausstahlt, dass sie schwer kombinierbar ist mit anderen Farben. Hohe Toene wie die einer Opernsaengerin die kurz davor ist ein Glas zum Brechen zu bringen. Oder ein fahleres Gelb, wenn sie aus der hohen Kraft der Stimme in ein nahezu unhörbares stoßendes klares Flüstern gerät. Gelb ist wie einTisch.. ein ganz glatter Tisch, ohne jegliche Maserung, das ist gelb. Und wenn du eine Blume äßest, auf der eine Biene beim Sammeln einen Tropfen Honig vergessen hat, aber auch der bittersü.e Schmerz einer Ohrfeige die dir jemand gibt, da du mit Überzeugung eine Grenze überschritten hast, obwohl du wusstest, dass es nicht ganz richtig war. …ja, ja das ist gelb………… das, ja, das ist gelb!

Akt III

(Shapeshifting) Ballett der entfalteten Körper

(6:24 min)

In this act, the unfolded 3D bodies, which are sculptures in the exhibition space, dance with the existing paintings and “unfolded bodies” on the wall. Differently painted textures overlay the digital forms, thus extending the painting on the wall. The 3D body of the sculpture “Stool 1” (Isabella), which represents a seahorse unfolded, unites with other “unfolded bodies” in the ballet during a dance. This union will play a role again in the last act, Act V.


akt iv

*1

gemini
Polylog der Bilder, 2022

This act negotiates the emergence of a picture in textual and tonal form. A polylogue develops between the artist as executing medium and transmitter of decisions with the future work.

Polylog der Bilder*

Ring Ring
Hallo
Hi there
Wir rufen nur an, um dich zu erinnern
danke
(Alle) Dank Dir!
Für was?
Dass die Bausteine geliefert werden
Sie liefert die Form
(2 gleichzeitig) und ihr den Halt/ und wir den Druck
Ohne Druck keine Form
Und ohne Form kein (In)halt
Könnten Sie mir nochmal genau sagen, worum es geht?
Sie hat der Zeit seine Gegenwart gewährt und hast dich selbst in die Vergangenheit versetzt
(3 Geräusche unterschiedlicher Natur bilden disharmonischen Dreiklang)
Das Eingeständnis bedeutet mehr als nur ein Bild oder Wort
Stillstehen während man wächst!
Hm..
Was soll man tun?
Kennst du denn den Grund und Boden auf dem sie gehst?
In was soll er denn gehen?
Sag doch einfach ja.
Ja
Zieht an, was du willst, aber bestimme auf was ihr trefft!
Er hätte eine Seele aus Glas
Wie sollt ihr denn bestimmen, worauf er treffe?
Weil wir unfähig seid sie aus etwas anderem zu denken!
Indem du das Ende vorstellst.
Ihr seid ewig zu spät
Aber für uns ist es nie zu spät.
Weshalb?
Der Ausgangspunkt wird immer der gleiche sein
Doch ich kann das Ende nur kurz vor dem Davor sehen, wessendessen ist mir das unmöglich
Unfold your body to see you through
Man würde wachsen, doch schrumpfen zugleich. Wächse ich, so viel, wie
ihr Leben lang wäre, läge er zur rechten Zeit als Säugling da.
Ha!Ha!Ha!
Ihr sprecht wirklich in Rätseln
Nein, das stimmt nicht. ihr würdet zwar schrumpfen, aber nie mehr als in diesem Moment. Sie würde lediglich die
Zukunft benutzen und in der Gegenwart stillstehen.
Ich habe der Zeit ihre Gegenwart gewährt und habe mich selbst in die Vergangenheit versetzt
Kann es sein, dass sie deine Gedanken zerstreust?
Wir wollen dich leiten.
Und ereilen, und ermuntern
Zum Reingehen
Was ist, wenn ich die wichtigsten Worte gar noch nicht kenne? Verständet ihr, erfände ich sie?
Hallo, hallo!? Hallo, hallo, hi there!?
Eine Spielwiese für jeden Entdecker und Forscherin!
Er habe vorsichtshalber einmal in den Kafka hineingelesen
Alles ist Anfang, Mitte, Ende zugleich
Ist er dumm, wenn sie schweigt?
Dieses Bild hat niemals nicht keinen zeitlichen Verlauf, du siehst alles auf einmal
Welch Bilder!?
Die Sonne strahlt sehr hell
Lasst euch von ihr leiten
Aber ich muss Vertrauen fassen, an was muss er sich erinnern?
Alle: Dass wir Zwillinge sind
Zwillinge in was?
Vier Zwillinge die Wunder wollten
Warum gibt es drei von euch? Eine ist schön ohne Kummer, die andere hüstelt und eine ist verschwiegen, ihr tragt
aber identische Kostüme
Rein objektiv betrachtet sind es zwei entgegengesetzte Richtungen
Negieren, das ist es was einer zur Antwort verhilft!
OK
Was ist denn dann zu tun?
Ihr könnt doch die sein, die ihnen beim Zurückbl.ttern Weisheit verschaffen, anstatt das Kommende zu beängstigen
so selten!
und jetzt!?
bestimmt sie den wert!
wie viel bist du wert?
weshalb spielt das seine Rolle?
weil wir dich erinnern müssen an etwas Wichtiges.
Eine sanfte Brise
Diamanten… ahhh
Kohlenstoff geschliffen
und achtsam, geachtet versippt
Ist es schon Zeit? Ist es denn schon Zeit?
Diesen Traum jetzt zu beenden und das Versäumnis wahr zu tun?
Tausend Motive einer Rolle, und obwohl es zu wenig tatsächlicher Aufklärung kam, haben wir den Mittelpunkt eines
Kreises in vier Brüsten gefunden
In dem ein gemeinsamer Mittelpunkt schläft und die Sekanten wachsen
so
nun
Erinnert ihr euch!
An was? An was? An was?
An den Verlauf
und die Ersehntenkonstellation
an den Zufall
und das Ergebnis
und den Weg
Welch ein Druck zur Essenz
Ja, so ist das
was?
Erinnert zu werden an einen Weg
Wir wären wie Du, hätten wir jemanden der so wäre wie wir. Man könnte sich auf ihm selbst ausruhen und das Hinten
mit dem Vorne vertauschen und die Mitte dort belassen wo sie war, nur etwas entrückt.
Farbenspiele, ja, und nun dreh den Gedanken auf wie eine Sardinenbüchse
Die Bewegung hilft ihnen bei der Bestimmung der Z Achse
Dann rollt man sie ein wie einen Hering und fixiere die Position
Unter Fischen schwimmt es sich besser als unter Wasser
er pelikant sie hinunter, in einem Schluck
o nein!
Hallo. Hallo??
und unter Zwillingen spiegelt es sich besser
all gemein
verleiht einem dieses Spiegeln einen warmen Zug, im Gesicht und sonst auch ganz allgemein
ja… stimmt schon. schön!
Ihr könntet euch auch Schlafen legen, die Uhren anhalten, drei Tage lang. Und er wäre jünger.
Wie Baronet Kristallglas.
Nur nicht zur selben Zeit
doch das X bleibt dort wo es war
ja schau, das Y hinten wandert ab, fort an einen andren Ort, recht gut gelegen
5 Sterne plus Nordsternaward
Wir haben ein Leben lang nur Sterne gesehen und können nur in Steinen denken!
Diese zarten Fasern
Ein Hauch von Nischt
Je älter wir in der Zukunft werden würden wollten, desto jünger wird er eben in diesem Moment
Jedes seiner Bilder hat keinen zeitlichen Verlauf, man siehst alles auf einmal, platsch!
In jeder Sekunde seid ihr in Hast
Ach!
Es ist egal! Es ist mir schlichtweg nicht in aller Gänze egal, was…. Natur
Aha!?
Die Gleichung der Phantasie aus Wahlen und Unmöglichkeiten
wird immer die gleiche sein
Der Ausgangspunkt wird immer der gleiche sein
Wissen sie denn was ich meine?
Nein-nein-ja
(Ja, es ist nicht so leicht hier und jetzt abschließend zusammenfassend darüber zu sprechen
klar!
-tik tok tik tok-
Ich fahr dann jetzt mal fort.)

Akt V

Talking bolloxijinping, 👁👁👁

(7:03 min)

This act mirrors the real exhibition space to create another level, between space in space, the body as a surface, the body as a body in space, three-dimensional on a surface in digital and analog form. All levels of perception are united here and form the conclusion of the Lüden.


Lüde in vii Ekcten

Galerie der Gegenwart, Hamburger Kunsthalle, Hamburg
2021
75min

Ausstellungstext zu ‚Die absurde Schönheit des Raums. 7 Künstler*innen vs. Ungers‘, Hamburger Kunsthalle:

Bei Dana Greiners (*1988 in München, lebt ebenda) Video- und Soundinstallation wird die Ausstellungsarchitektur zur Bühne und die Besucher*innen zu Akteur*innen. In einer Aufführungssituation in sieben Akten lässt die Künstlerin abstrakte Formen, gleißende Farben und formdynamische Projektionen den Raum dominieren. Statische Objekte scheinen sich dynamisch zu verändern, Klänge an den Wänden zu materialisieren und wechselndes Licht lenkt die Wahrnehmung. Die Betrachter*innen sind aufgefordert, sich auf die stetige Erweiterung der Dimensionen einzulassen, andere Standpunkte zu suchen und so auf die wechselnden Arrangements zu reagieren.

Auftrag an Jan Albers, Sol Calero, Dana Greiner, Dominik Halmer, Franziska Reinbothe, Helga Schmidhuber und Claudia Wieser für diese Ausstellung war der produktive Umgang mit dem Ort, den Oswald Mathias Ungers für die Hamburger Kunsthalle 1997 geschaffen hat. Die Räume der Galerie der Gegenwart sollten kuratorisch wie künstlerisch so genutzt werden, wie der Architekt sie konzipiert hat: Das dritte Obergeschoss als ein aus der Gemäldegalerie entwickelter Oberlichtbereich, das zweite Obergeschoss als vierteiliger White Cube für Sonderausstellungen, Medienkunst sowie Zeichnung und Grafik und das erste Obergeschoss, in dem diese Ausstellung präsentiert wird, als eine von allen Seiten lichtdurchflutete Tageslichtgalerie – eine Plattform für künstlerische Projekte. Die Wandstellung sollte so sehr wie möglich reduziert werden, um die Offenheit von Ungers‘ Architektur sichtbar und wirksam zu machen. Dabei kommt der Westgalerie eine besondere Bedeutung zu. Sie bietet einen Blick auf das prägende Stadtpanorama Hamburgs, vom Rathaus und Jungfernstieg über Binnenalster, Lombardsbrücke und Außenalster bis nach Harvestehude. So treten die ausge- stellten Werke in unmittelbare Beziehung zur Stadt und ihrer Gesellschaft. Es entsteht idealerweise eine Verbindung von innen nach außen und von außen nach innen, welche die in der Kunst angestoßenen Ideen, Diskurse und Manifeste aus dem Museum heraus und frische Impulse hinein bringen soll. Nehmen Sie dieses Booklet also unbedingt mit und tragen Sie es in die Welt hinaus. Jeder hat eine gute, aber vage Vorstellung davon, was ein Raum ist. Raum ist etwas Unfassbares, existent nur durch seine Begrenzung: in der Architektur durch Wände, in der Stadt durch Bauten, im Weltraum durch unglaublich viel Leere. Raum ist ein Ort, der definiert wird durch das, was in ihm geschieht – oder nicht geschieht. Raum ist, was Menschen benötigen, um sich zu begegnen. Genau genommen kann der Mensch als soziales Wesen ohne Raum nicht sein. In der Entwicklung städtischer Gemeinwesen hat der Ort dieser Zusammenkunft seinen Platz im Zentrum der Stadt gefunden, also symbolisch wie geografisch in der Mitte der Gesellschaft, er wurde Marktplatz, Rathaus oder Kirche. Demnach ist Raum nicht nur als physikalische Einheit schafft das Museum zunächst einmal den Raum für die Kunst, also Hängeund Stellfläche, Wand und Raum für die Betrachtung und den Austausch. Damit aber füllt sich der Raum des Museums mit Menschen – und Ideen. Warum der Begriff des Absurden im Zusammenhang mit der Schönheit des Raumes? Hier stellt sich zunächst die Frage: Kann ein Raum denn »schön« sein? Große Museums-Säle, begrenzt von prächtig gestalteten Wänden, gefüllt mit erlesenem Mobiliar, könnte man als schön bezeichnen, aber der Raum selbst? »Schön« als ästhetische Kate- gorie im Museum ist schwierig, und die für die Ausstellung »Die absurde Schönheit des Raumes« ausgewählten Künstler*innen arbeiten, wie es sich für Avantgardist*innen gehört, jenseits der gängigen Vorstellungen von Schön. Der Begriff des Absurden in Verbindung mit Schönheit wurde von uns auch ge- wählt, um letztere Kategorie – vielleicht auf einem kleinen Umweg – wieder in den Kanon der Kritik aufzunehmen, zu- mindest als Möglichkeit. Die Galerie der Gegenwart wurde 1997 als neuer, der zeitgenössischen Kunst gewidmeter Teil der Hamburger Kunst- halle übergeben – vor fast 25 Jahren. So wie Oswald Mathias Ungers die Galerie der Gegenwart als eine Reaktion auf das Vorhandene versteht, haben auch Jan Albers, Sol Calero, Dana Greiner, Dominik Halmer, Franziska Reinbothe, Helga Schmidhuber und Claudia Wieser Arbeiten geschaffen, die nicht nur malerisch neue Dimensionen erschließen, sondern eigens für die heutige Situation und für diesen konkreten Ort geschaffen wurden.

Alexander Klar


1 Akt: Einleitung (ic/,du,er,si/,es)

2. Akt: Ballett der unstatischen Bilder

3. Akt: Natur vs. Mensch

4. Akt Neuordnung

5. Akt: 0332fe

6. Akt: Der Protagonist

7. Akt: Epilog (height x width = )


Akt I

Einleitung (ic/,du,er,si/,es)

Abschiedspolylog (Konversation der Bilder) / Prelüde

(6:01 min)

“Der Abschiedspolylog der Bilder” creates a fictional conversation between work and author. When is a work finished, where does it want to go, does one lose contact after completion, or does the picture independently grow beyond the artist* beforehand to become a work of art? The individual images are personified, individually illuminated, put in emphasis and get language and spirit. A static projection of myself negotiates the will, the decisions, the processes and the result, expectations and actual state of a future work based on a love relationship.


Akt II

BALLETT DER UNSTATISCHEN BILDER

(7:09 min)

In this act, a motif from the painting “Desert hope” comes to life, grows out of the picture support and dances Pina Bausch’s “Four Seasons Dance”. Different spatial picture levels take up sections of the exhibited works and expand them into a new space and a moving surface. The composition responds to the movements, colors and forms and transposes the static images into a ballet-like choreography.


Akt III

Natur vs. Mensch

(22:40 min)

This scene was created in the Hamburg park “Planten un Blomen”. It shows nature and my intrusion as a foreign-body-like protagonist into the self-contained scenery. Here, too, the work, separate from the author, is placed in the context of “nature’s beauty,” as an independent form of existence that emancipates art from the human and at the same time serves the human.


akt iv

Neuordnung.

(13:10 min)

Hundreds of balls fall out of circular forms of two pictures, repel themselves, from themselves as well as from the picture frames, before they are locked into further spaces that herald the next act. One thinks of atoms, cells, order and decay. Each of the balls has a different fate in this scene, depending on where it bounces, who it meets. Each color in each different place affects the composition and curation on the wall. Some balls become inert and come to a stop due to the physical motion of pushing each other off. The randomness of which ball falls out of the paintings, in which color and speed, sets the future and mood of the scene. For this act Andrei Yagoubov has created the musical composition, which in a constantly repeating, varying and modulated way emphasizes both the common beat and the individualistic random movement of the balls


Akt V

0332fe

(8:20 min)

This act is named after the blue tone of a HTML color code. The wall is divided into changing, different colors, spaces and textures, which were made and scanned digitally and also analog. I chose the colors digitally using the eyedropper, appropriating hues from images by my first professor, Jerry Zeniuk, and applying them to the textures and room parts of this act. The HTML code here, as a six-digit letter-number combination, is diametrically opposed to the thoughts and decisions an artist* makes while creating a work. Jerry Zeniuk, for me, is a master in this regard of what it means to put color next to color, to seek out every nuance, and in doing so, to rely on only one form that focuses entirely on color and the neighborhood of color.d die Nachbarschaft von Farbe konzentriert.


Akt vI

Der Protagonist

(14:56 min)

The “Protagonist Ekct” shows the room in an ordinary exhibition situation attributed to it. Spotlights illuminate the paintings on the wall, giving them a special impact. The illumination in a museum also creates its own drama, which is not present in the studio situation. As soon as the work is exhibited, it takes on a new level of meaning comparable to the role of an actor, between everyday life and the stage, seeing and being seen.e, Sehen und Gesehenwerden.


Akt VII

Epilog (height x width = )

(2:09 min)

The epilogue is a projection that records the view from the window front of the Galerie der Gegenwart. The view of the Außenalster was doubled into the exhibition space and digitally alienated. The aesthetics of a virtual, dystopian reality is taken up and deflects the lines of sight. The façade facing the Außenalster, which also offers a view of the exhibition from below, is the most expensive advertising space in Hamburg, which is why in the “Epilog” the works, with the slogan “Your advertisement here” projected onto them, offer themselves as advertising space. Art (market), commerce, consumption negotiate here about the work and the value of height x width.